9. August 2013
Seit der Verkauf der renommierten US-Tageszeitung Washington Post an den Amazon-Chef Jeff Bezos publik wurde, geht online wie offline ein kräftiges Rauschen durch den medialen Blätterwald. Zumal innerhalb weniger Tage nicht nur die Washington Post den Besitzer wechselte, sondern mit der Newsweek und dem Boston Globe zwei weitere Galionsfiguren der US-Medienlandschaft. Doch keine der beiden Veräußerungen sorgte für soviel Überraschung wie die der Washington Post und insbesondere die Personalie des Käufers.
Die Stimmen sind gemischt: Dass die Washington Post an einen Internet-Unternehmer geht, sehen viele mit Sorge, doch es gibt auch Befürwortung und – Spott. Letzteren illustriert eine Auswahl von Kommentaren auf Twitter, zusammengestellt in dem Portal etailment.
In fast jedem Artikel wird betont, Bezos habe die Washington Post nicht für Amazon, sondern als Privatmann für sich gekauft. Doch macht das einen Unterschied, wenn es um künftige kritische Berichterstattung über Amazon im Speziellen oder sonstige Amazon-nahe Themen geht? Kann (und will?) jemand, der Amazon gegründet hat und seit bald zwei Jahrzehnten die Geschicke des Unternehmens leitet, die Amazon-Brille wirklich ganz ablegen? Auch wenn er, wie es heißt, sich nicht in das journalistische Tagesgeschäft einmischen und es weiterhin dem bewährten Management-Team überlassen will?
Kritische, unvoreingenommene Berichterstattung über Amazon und so wichtige Themen wie Sicherheit und Datenschutz im Internet, die auch Amazon unmittelbar betreffen, wird man in der Washington Post wahrscheinlich nicht (mehr) erwarten können. Genau das aber müsste gesichert sein, dürfte es doch für die tägliche Berichterstattung keine Rolle spielen, wer als Eigentümer hinter einer Zeitung steht.
Jenseits aller Bedenken in diesem konkreten Fall ist zu wünschen, dass es in Bezos‘ Absicht liegt und ihm gelingt seine Visionen, die er zweifellos entwickeln wird, mit der Sicherung des Qualitätsjournalismus, in Einklang zu bringen, für den die Washington Post seit Jahrzehnten steht. Auch wenn Kommentare wie in der ZEIT ONLINE zugegeben wenig Raum für Hoffnung lassen. Die Chance wird man ihm wohl oder übel dennoch lassen müssen, das Ergebnis bleibt abzuwarten.
Insgesamt stellt sich die Frage, wohin sich Journalismus und Berichterstattung bewegen, wenn mediale Institutionen mehr und mehr in die Hände von Internet-Größen á la Google & Co übergehen. Nach einer tragfähigen Zukunft für einen möglichst unabhängigen qualitativ hochwertigen Journalismus sieht das nicht aus.
Vor diesem Hintergrund bleibt kritischen Lesern wenig anderes übrig, als sich von den renommierten Publikationen abzuwenden und ihre Informationsquellen woanders zu suchen: z.B. in freien und unabhängigen Blogs im Internet. Was wiederum die wirtschaftlichen Nöte der renommierten Medien befördert – bis zur „Rettung“ durch einen Internet-Tycoon...